In der S-Bahn, auf dem Weg zu den Landungsbrücken. Gerade war ich arbeiten. Als Alltagshelfer, bei Frau Rudolph in Altona. Ich muss mir das immer wieder sagen, und es vielleicht auch einfach mal aufschreiben, weil ich es sonst gar nicht so recht realisiere. Ich mein, hätte ich das meinem Ich von letztem Jahr erzählt, dass ich heute alten Leuten beim Einkaufen und Aufräumen helfe, ihnen Gesellschaft leiste, und das als Job: Ich glaube, dann wäre ich ganz schön Stolz auf mich gewesen. Aber heute ist eben nicht vor einem Jahr, und jetzt, wo ich das schon seit ein paar Monaten so mache, fühlt es sich auch gar nicht mehr toll oder besonders an.
Es ist schon immer seltsam, wenn man einfach mal so ein paar Monate zurückblickt. Ich mein, eigentlich läuft gerade alles so, wie ich es mir so lange schon gewünscht habe. Ich mache den Alltagshelfer-Job, als Selbstständiger auf meine eigene kleine Firma. Ich habe über den Hurts Berlin Shop diese Woche vier Hoodies verkauft. Wir haben ein Event veranstaltet! Kids fragen mich nach Stickern, fragen, wann die nächsten Drops kommen, schreiben mir mit ihren Problemen. Wie lange habe ich schon davon geträumt, eines Tages jemand zu sein, dem andere Leute schreiben, wenn sie einen Rat brauchen? Und jetzt ist es einfach so. Natürlich nicht genau! Nichts passiert jemals genau so, wie ich es mir vorgestellt, mir gewünscht habe. Aber was tut das schon? Es ist ein bisschen so, ungefähr und ganz am Anfang. Aber *es ist* eben doch so. Mehr, als dass es das nicht ist. Und das ist, denke ich, schonmal eine ganze Menge wert.
Und trotzdem fühle ich mich schlecht, manchmal. Wertlos. Wie ein fauler Schmarotzer, der seinen Eltern auf der Tasche liegt, der nichts gebacken kriegt, und der sein Scheitern hinter schönen Worten und großen Reden verbirgt. Warum, denkt sich mein Kopf jetzt gerade, genau das ist doch, was du bist. Und meine Hand, sie hört auf ihn, sie will aufhören zu schreiben, sie will durchstreichen. Manchmal sitze ich minutenlang, 10, 20, 40 hintereinanderweg, vor drei angefangenen Sätzen und jage mich selbst immer tiefer und tiefer hinein in das Gedankenverließ.
Ganz schön oft fühle ich mich so.
Comments